Fachbeitrag 2

Winterzeit = Schwimmzeit

Der Winter ist die perfekte Zeit, um Ihre Schwimmtechnik zu verbessern. Jede Technikumstellung dauert ein gewisses Maß an Zeit. Je früher Sie in der Saison mit der Technikumstellung beginnen, desto besser.

Wie gehe ich meine Technikverbesserung an? Mit dieser Frage muss sich jeder Triathlet zu Beginn der Saison auseinander setzen. Verbessere ich meine Beinarbeit, versuche ich meinen Unterwasserarmzug zu verändern oder arbeite ich an meiner Körperstabilität? Die Schwimmtechnik ist sehr komplex. Es müssen viele Merkmale beachtet, sondern auch koordinativ abgestimmt werden.

Wenn Sie nach folgenden 5 Phasen trainieren, haben Sie bereits die halbe Miete für eine erfolgreiche Technikumstellung in der Tasche:

  1. Technikanalyse
  2. Spüren von Bewegungen
  3. Steuern von Bewegungen
  4. Umsetzung der richtigen Bewegungen
  5. Automatisierung des Ablaufs

 

Phase 1: Technikanalyse

An den Anfang einer jeden Technikumstellung gehört die Technikanalyse. Oftmals haben Sie als Sportler eine andere Wahrnehmung Ihrer Schwimmtechnik, als es der Realität entspricht. Deshalb ist es sinnvoll, dass Sie diese von einem Experten überprüfen lassen. Dies kann zum Beispiel der heimische Schwimmtrainer, aber auch ein sehr guter und erfahrener Schwimmer aus Ihrem eigenen Umfeld sein. Bei der Technikanalyse müssen Stärken und Schwächen aufgedeckt und ein Vorgehensplan erstellt werden.

Sie sollten jedoch pro Saison nicht mehr als zwei oder maximal drei Technikbaustellen aufmachen. Je nach Komplexität der Technikumstellung kann es auch Sinn machen, dass Sie sich nur einem Element widmen.

Auf der einen Seite gibt es Situationen, bei denen Sie problemlos zwei Technikelemente gleichzeitig schulen können. Zum Beispiel lässt sich das Training des Beinschlags mit dem Überwasserarmzug gut kombinieren. Oftmals lässt sich auch die Verbesserung der Zuglänge mit dem Training von Körperstabilität verbinden. Auf der anderen Seite gibt es Technikelemente, die nur schwer zu korrigieren sind und am besten einzeln geschult werden. Hierzu zählen zum Beispiel der Unterwasserarmzug und der Schwimmrhythmus.

Der Vorgehens-Plan gibt an, welche Technikelemente Sie verbessern und in welcher Reihenfolge Sie hierbei vorgehen sollten. Setzen Sie sich Meilensteine zur Überprüfung Ihrer Ziele, Sie müssen aber geduldig sein und sich auf die Umstellung konzentrieren. Um eine Technikveränderung abzuschließen, sollten Sie mindestens 6 bis 9 Monate einplanen (siehe Tabelle 1)!

Tabelle 1: Wie lange dauert eine Technikveränderung?

Der Sportler braucht im Schnitt 65.000 Wiederholungen, um eine "neue" Bewegung in einen Automatismus umzuwandeln!
Trainingsanpassung bei regelmäßigem Training:
Hirn 10 Tage
Herz-Kreislauf-System 6-8 Wochen
Muskulatur 6 Monate
Sehnen 13 Monate
Gelenke/Knochen 16 Monate
Bindegewebe 3 Jahre
Die Anpassung der Muskulatur stellt einen entscheidenden Faktor dar, weswegen die Technikumstellung so lange dauert. 
Die anderen Faktoren sind der Vollständigkeit halber aufgezählt.
Phase 2: Spüren von Bewegungen

Nachdem Ihre Stärken und Schwächen bekannt sind und Ihr Vorgehensplan feststeht, können Sie mit der Trainingsarbeit starten. Im ersten Schritt geht es darum, dass Sie Ihre Bewegungen spüren und richtig wahrnehmen. Finden Sie heraus, wie sich einzelne Bewegungen anfühlen. In dieser Phase sollen Sie unabhängig von richtigen oder falschen Bewegungen anfangen, Ihren Körper zu kontrollieren. Wenn Sie nicht dazu in der Lage sind, Ihre Bewegungen im Wasser richtig wahrzunehmen, werden Sie auch nicht in der Lage sein Ihre Bewegungen zu verändern und eine Technikverbesserung herbeizuführen.

Konzentrieren Sie sich zunächst auf bewusste Bewegungsausführungen Hierbei ist es wichtig, dass Sie langsam und konzentriert schwimmen. Dies gilt sowohl beim Schwimmen in der Gesamtbewegung als auch bei der Durchführung von Technikübungen.

Phase 3: Steuern von Bewegungen

Wenn Sie genau spüren, wie sich Ihre eigenen Bewegungen anfühlen, können Sie jetzt anfangen Ihre Bewegungen zu steuern. Verändern Sie absichtlich Ihre Bewegungen und geben Sie Ihrem Körper vor, was er machen soll. Es gilt: Nur wenn Sie in der Lage sind Ihren Körper zu steuern, können Sie Ihre Schwimmtechnik verbessern. Denn nur wer steuern kann, kann Bewegungen verändern.

Hierbei ist es ganz wichtig, dass Sie variabel schwimmen, probieren Sie Bewegungen aus, schwimmen Sie absichtlich falsch (siehe Kasten 1: Kontrast-Schwimmen) und sammeln Sie Bewegungserfahrungen, schulen Sie Ihre koordinativen Fähigkeiten im Wasser. In der Endabrechnung ist wichtig, dass Ihr Körper Ihnen gehorcht. Es sind alle Bewegungsformen erlaubt. Sie dürfen viele verschiedene Technikübungen schwimmen, denn es geht allein darum den Körper zu steuern und zu schulen. Es ist wichtig, dass Sie Bewegungen und Technikübungen so ausführen, wie Sie es sich vornehmen. Lassen Sie sich auch in dieser Phase durch einen Trainer oder Mitstreiter regelmäßig kontrollieren. Es muss immer wieder überprüft werden, dass Ihre Bewegungen und Ihre Wahrnehmung übereinstimmen.

Kasten 1: Kontrast-Schwimmen

8x50m mit 15 Sekunden Pause (Beispiel-Serie):

Schwimmen Sie absichtlich die ersten 25m falsch, anschließend schwimmen Sie 25m richtig. Es ist wichtig, dass Sie mit der richtigen Bewegung aufhören. Ihr Körper soll sich die richtige Bewegung einprägen.
Beim „falsch“ schwimmen, sind Ihnen keine Grenzen gesetzt. Probieren Sie Bewegungen aus, übertreiben Sie Bewegungen, spüren Sie, wie sich andere Bewegungen anfühlen, lernen Sie Ihren Körper kennen und beginnen Sie, Ihn zu steuern!
Phase 4: Spüren von Bewegungen

Erst nachdem Sie die ersten drei Phasen durchlaufen haben, gehen Sie in die Umsetzung. Die richtige Technik können Sie über 3 verschiedene Wege erlernen:

  1. Konzentriertes Umsetzen in der Gesamtbewegung
  2. Umsetzung mittels gezielter Technikübungen
  3. Mix aus Technikübungen und Umsetzen der Gesamtbewegung

Ich empfehle über Weg (3) das Ziel zu erreichen. Oftmals macht es Sinn, Technikübungen und Gesamtbewegung miteinander zu verbinden. Schwimmen Sie zum Beispiel 8x50m mit einer Pause von 15 Sekunden. Hierbei schwimmen Sie 25m Technikübung und 25m Gesamtbewegung. Suchen Sie sich eine gezielte Technikübung raus, mit der Sie das ausgewählte Technikelement bewusst trainieren können. Hierbei können Sie ruhig achtmal dieselbe Technikübung schwimmen. Denn um eine Verbesserung herbeizuführen, bedarf es vieler zyklisch wiederkehrender Bewegungen (siehe Tabelle 1: Wie lange dauert eine Technikveränderung?). In den anschließenden 25m Gesamtbewegung sollten Sie nicht einfach nur kraulen, sondern sich auf genau das Element konzentrieren, welches Sie gerade korrigieren wollen. Versuchen Sie die richtige Bewegung aus der Technikübung in die Gesamtbewegung zu übertragen.

Es ist normal, wenn Sie anfangs noch relativ langsam schwimmen und die Bewegungen nur über eine kurze Strecke umsetzen können. In der Phase der Umsetzung ist einzig wichtig, dass Sie überhaupt anfangen in der richtigen Technik zu schwimmen.

Phase 5: Automatisierung des Ablaufs

Hierbei handelt es sich mit Abstand um den schwierigsten Teil. Die Ziele der ersten vier Phasen können in wenigen Trainingseinheiten erreicht werden. Phase fünf bedeutet jedoch harte Arbeit. Ihre Technikumstellung ist leider erst dann abgeschlossen, wenn Sie in der Lage sind Ihre „neue“ Technik in Wettkampfgeschwindigkeit und in Wettkampflänge zu schwimmen. Dies bedeutet, dass Sie Ihre „neue“ Technik in hoher Geschwindigkeit und in hohen Umfängen trainieren müssen. Zur Automatisierung der „neuen“ Technik müssen Sie bei regelmäßigem Training (2 bis 3-mal wöchentlich) mit einem Zeitaufwand von circa 6 Monaten rechnen. In dieser Phase müssen Sie viel in der Gesamtbewegung schwimmen. Hier werden Technikübungen nur noch zur Unterstützung ausgeführt. Steigern Sie allmählich Tempo und Umfänge beim Training der „neuen“ Technik. Wenn Sie in der ersten Woche noch eine Serie von 8x25m im ruhigen Tempo schwimmen, bewältigen Sie in Woche 20 bereits eine Serie von 10x100m in hohem GA 1 Tempo. Wann und wie Sie die Serien steigern, kann nur individuell entschieden werden. Hier müssen Sie in sich hinein hören beziehungsweise fühlen und gegebenenfalls Hilfe von einem Trainer in Anspruch nehmen.

Kasten 2: Wie baue ich mein Techniktraining ein?

Bis einschließlich Phase vier sollten Sie Ihr Techniktraining an den Anfang einer Trainingseinheit stellen, wenn Sie noch in einem ausgeruhten Zustand sind. Wenn Sie kaum in der Lage sind Ihre Bewegungen zu spüren oder zu steuern, werden Sie erst Recht nicht am Ende einer Einheit dazu in der Lage sein, wenn Sie bereits müde sind.

Ab Phase fünf müssen Sie zu allen Trainingsphasen (am Anfang, in der Mitte und am Ende einer Trainingseinheit) Technik schwimmen, unabhängig davon, ob Sie in einem frischen oder müden Trainingszustand sind. Später im Wettkampf müssen Sie auch dazu in der Lage sein, im müden Zustand Ihre „neue“ Technik zu schwimmen.
Fazit

Auch wenn eine Technikumstellung sehr zeitintensiv sein kann (sechs bis neun Monate) und es viel harter Arbeit und Geduld benötigt, kann ich jedem Sportler nur empfehlen sich dem Training zu stellen. Wenn Sie eine Technikschulung erfolgreich hinter sich gebracht haben, werden Sie viel gewinnen:

  1. Sie fühlen sich wohler im Wasser
  2. Sie schwimmen in der Regel schneller als vorher
  3. Sie schwimmen in einer besseren Balance und somit ökonomischer
  4. Sie finden mehr Spaß am Schwimmen, können dadurch besser trainieren und verbessern Ihre Schwimmleistung

 Kasten 3: Wie viele Technikübungen sind sinnvoll?

Während der Phasen „Spüren und Steuern“ können Sie so viele verschiedene Technikübungen in Ihr Training einbauen, wie Sie wollen. Hier sind Ihrer Phantasie keine Grenzen gesetzt. Jede neue oder veränderte Übung schult Ihr Bewegungsgefühl und Ihre koordinativen Fähigkeiten im Wasser. Wichtig ist hierbei nur, dass Sie alle Übungen konsequent, konzentriert und nach dem Muster ausführen, wie Sie es sich vornehmen oder wie es Ihnen Ihr Trainer vorgibt.

In den Phasen „Umsetzung und Automatisierung“ sollten Sie sich nur wenige Übungen vornehmen. Hier reichen oftmals zwei oder drei gezielte Übungen aus, um das ausgewählte Technikelement sinnvoll zu schulen. Sie haben ein konkretes Ziel vor Augen und dieses Ziel erreichen Sie nur, wenn Sie immer wieder dieselben Bewegungen konsequent ausführen. Sprechen Sie sich gegebenenfalls mit Ihrem Trainer ab, welche Übungen Ihnen bei welchem Problem am besten weiterhelfen.

Der Fachartikel "Winterzeit = Schwimmzeit" ist geschrieben und recherchiert von Erik Felsner.
Erik Felsner behält sich alle Rechte vor!